Ohne dass wir es sähen, intonieren die Orgelbauer mit und um Thomas Gaida in der Werkstatt im Saarland Register, erstellen Gehäusewände, bereiten die elektronische Bausteine vor und arbeiten sowohl am neuen Nussbaumspieltisch als auch an der Erneuerung des alten Spieltisch weiter. Inzwischen konnten sie in der Schlosskirche aber auch vor Ort weiterarbeiten.
Ein sehr wichtiges Thema war dabei die “Wind”-Versorgung. Es hat sich herausgestellt, dass auch am bisherigen Gebläse, das sich auf dem Dachstuhl der Schlosskirche oberhalb vom Tonnengewölbe befindet (siehe das folgende Foto), noch nicht alle nötigen Voraussetzungen gegeben waren. Die bisherigen baulichen Gegebenheiten hätten – im Hinblick auf den Windverbrauch gerade auch der neuen Register – nicht hingereicht. Diese Umbau- und Erweiterungsarbeiten waren im Vorfeld so nicht absehbar und haben unerwartet Zeit beansprucht.
Wir dürfen wieder einmal sehr erleichtert sein, dass Thomas Gaida und seine Mitarbeiter so gründlich arbeiten und nichts dem Zufall überlassen!
Wie es im Leben so oft ist, gibt es Hindernisse zu überwinden. Es hat durch gleich zwei defekte Aufzüge – die Pfeifen, Holzwände und andere schwere Teile auf die Emporen oder von dort hinunter transportieren – Zeitverlust gegeben. Die Lieferanten begründen das mit der Corona-Krise. So konnten auch bereits fertige große Pfeifen noch nicht eingebaut werden.
Zusammen mit den im letzten Patenbrief bereits geschilderten unerwarteten “Umwegen” ist damit so einiges an Zeit verloren gegangen. Die Corona-Krise tut nun ihr Übriges, so dass der Einweihungstermin Anfang Oktober doch nicht mehr zu halten sein wird.
Eine ganz neue – aber hoch erfreuliche – Entwicklung ist folgende:
Während ihrer letzten Arbeitsphase mussten sich die Orgelbauer die Schlosskirche auch mit anderen Handwerkern teilen, die Reinigungsarbeiten an allen (!) Wandflächen und an der gesamten (!) Stuckdecke am Tonnengewölbe durchgeführt haben. Diese Arbeiten sind ein wahrer Segen. Sie wurden durch fahrbare Gerüsten für die weiter unten gelegenen Bereiche und mit einem ausfahrbaren Kran, der bis in jeden Winkel und bis in die höchsten Höhen der Stuckdecke heranreichte, ausgeführt und haben zirka sechs (!) Wochen Zeit angedauert. Dass sie gerade noch rechtzeitig vor dem Einbau der meisten Pfeifen durchgeführt werden konnten, macht eine späteren Reinigung überflüssig, bei der aufgewühlter feiner Staub zur großen Gefahr für unsere Orgel geworden wäre. Welche Beruhigung!
Bei der Steuerung des Windes unterhalb dieser Prinzipalpfeifen – in den so genannten Kegelladen (Räume, in denen die Windzufuhr gesteuert wird) – wurden die Kegel (Ventile) sowie die Flächen der Registerkanzellen, wo die jeweiligen Kegel in der Ruheposition aufliegen, mit Leder bezogen, so dass das bisherige störende Klappern beim Spiel nicht mehr auftritt.
Nachdem mittlerweile auch die letzten Dichtungsarbeiten fertig gestellt werden konnten, gelangt der Wind nun nur noch dahin, wo er soll. Alle Schleifenzugmagnete der Pedal-, der Schwellwerks- und der Hauptwerkslade wurden erneuert. Jeder dieser Magnete erhielt ebenfalls neu seine zu ihm gehörige Platine, die später die faszinierenden elektronischen Steuerungen ermöglichen wird.
Zwar mussten die bereits fertig gestellten Windladen abgedeckt und “versiegelt” werden; aber eben unter fachgerechter Aufsicht der Orgelbauer.
Alle Platinen, über die die Steuerung der Funktionen auf der Orgelempore geregelt wird, sind eingebaut und verkabelt worden.
Auf dem folgenden Foto sieht man oben die länglichen Ventile aus Holz, die von den unterhalb befestigten (blauen) Elektromagneten durch das Spiel einer Taste am Spieltisch nach unten gezogen werde können, so dass der Wind in die darüber gelegene hier nicht sichtbar Tonkanzelle einströmen kann, über der alle Pfeifen stehen, die zu einer Taste gehören. Im Geiste muss man sich die Vorderseite (in etwa unser Blickwinkel) geschlossen vorstellen.
Die optisch derzeit prägnanteste Veränderung ist, dass beide unterhalb der bisherigen Orgel gelegenen ungenutzten Bereiche bis zum Emporenboden mit Türen versehen wurden, die ihrerseits mit so genannten Pfaffengittern ausgestattet wurden. Das Pfaffengitter-Bauelement findet sich in der Schlosskirche zum Beispiel bereits an den Seitenwänden der Weigle-Orgel sowie an der Mühleisen-Truhenorgel.
Die so neu entstandenen Räume bieten nun neuen Pfeifen und technischen Einrichtungen Raum.
Simultan zu den genannten Arbeiten entsteht in der Werkstatt der neue Nussbaum-Spieltisch.
Dessen Tableau mit seinen Staffeln umfasst ca. 500 (!) Register- und Funktions-Taster, deren Anordnung und Namensgebung individuell konzipiert werden müssen. Diese Komplexität sollte aber ein klares und “benutzerfreundliches” Konzept ergeben, so dass sich auch Gastorganisten möglichst schnell zurechtfinden können.
Diese inzwischen weitgehendst fertiggestellte Aufgabe hat tagelange Gespräche gemeinsamen Abwägens und Entscheidens vor allem zwischen Thomas Gaida und Sönke Wittnebel benötigt.
Auch das Denkmalamt wird weiter eingebunden, zum Beispiel bei den neuen Teilwerken im Osten der Kirche.
Auch die Verkabelung der Elektrik und Elektronik in der Kirche zwischen den Teilwerken und den Spieltischen hat unterdessen bereits begonnen.
An dieser Stelle möchte ich allen Mithelfenden rund um die Orgelrenovierung danken:
den Spendern, Herrn Dr. Eberhard Rostan für die so wichtige Dokumentation über Fotos und zum Beispiel auch unseren wunderbaren Gastgebern der Orgelbauer, die ihre Ferienwohnung bereitgestellt haben!
Mögen Sie, verehrte Lesende, in der Corona-Krise bewahrt bleiben und zuversichtlich!
Und möge unser großes Projekt weiter gut vorankommen!
Vielmals grüßt Sie nochmals dankend
Sönke Wittnebel