Das Warten ist vorbei, und die Orgelbauer haben sogleich angefangen, kräftig zu arbeiten. Erste Ergebnisse können Sie auf den folgenden Fotos erkennen.
Speziell fällt der Blick auf das so genannte Gehäuse. Der Farbanstrich unterscheidet sich bewusst kaum vom Weiß der Kirchenwände, so dass das Werk in raffinierter Weise für die ebenerdig stehenden Betrachtenden nur bei genauerem Hinsehen wahrnehmbar ist.
Deutlich sichtbar sind von hier oben die geöffneten Jalousien. Die Register des Schwellwerkes befinden sich im Gehäuse – ein “Kasten” mit hier sehr massiven Wänden. Mit Tritten an den beiden weit entfernt positionierten Spieltischen kann das Öffnen oder das Schließen der Jalousien durch den/die Spielende/n stufenlos reguliert werden und der Klang damit “anschwellen” oder ein Descrescendo erzeugt werden.
Das ist so ganz anders als es bei der Vorgänger-Orgel auf der Westempore war. Die dortigen relativ dünnen Schwellwerkwände wurden – soweit möglich – inzwischen bereits verstärkt, um auch hier eine größere Schwellwirkung von leise bis laut zu ermöglichen.
Das Kronwerk funktioniert als so genannte Schleiflade. Das Foto zeigt – von oben her gut sichtbar – die so genannten Rastbretter des Kronwerkes, mit deren Hilfe die langen Pfeifen (hier noch nicht eingebaut) stabil und sicher auf dem so genannten Pfeifenstock stehen können, das ist die weiter unten liegende Ebene.
Die Bohrungen des Pfeifenstock sind baugleich mit denen der darüber befindlichen Rastbretter.
Unter dem Pfeifenstock befinden sich die so genannten Schleifen. Am rechten Rand der Windlade ist eine dieser dunkelfarbigen hin- und herbeweglichen Schleifen sichtbar. Je nachdem, in welche Richtung der dazugehörige Motor dieses Leiste in die eine bzw. die andere mögliche Position bringt, kann ein Ton – oder mehrere – potenziell klingen, allerdings nur, sofern der Organist die dazugehörige Taste am Spieltisch anspielt.
Dann öffnet sich das dazugehörige Ventile, und Luft strömt in eine Kammer (Tonkanzelle) unterhalb der Pfeifen.
Im Vordergrund – auf der linken Seite des Fotos – sieht man die neuen Schleifenzugmotoren mit den darüber montierten farbigen Platinen. Über letztere wird die Bewegung angesteuert.
Von der Nordempore nun also in die ebenerdig gelegene Südsakristei, in der bisher vor allem die Truhenorgel und viele Podeste gelagert werden: Das neue Schwellwerk Süd ist gut sichtbar, weil hier noch kein Gehäuse aufgebaut wurde.
Deutlich erkannt man, dass einzelne Pfeifengruppen auch “hochgebänkt” werden können, um den Platz optimal auszunutzen oder manchmal auch, um eine klangliche Hervorhebung zu ermöglichen.
Ab dem nächsten Bauschnitt, wenn die Elektrik gelegt sein wird, werden auch die derzeit noch nicht aufgestellten Pfeifen an ihren Ort kommen.
Die Südsakristei bietet deshalb einen idealen Platz, weil sie sowohl vom Kirchenraum akustisch nicht abgetrennt ist, als auch für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die eigentlichen Schwellvorrichtungen können aus finanziellen Gründen derzeit leider nicht eingebaut werden.
Um die Bauarbeiten in diesem Teil der Schlosskirche durchführen zu können, sind derzeit sehr viele Podeste, Geländer und v. a. m. im anschließenden Chorraum zwischengelagert. U. a. wurde außergewöhnlicherweise der als ästhetischer Sichtschutz fungierende Christbaum deshalb noch nicht aus der Schlosskirche entfernt.
Jeweils eine der Pfeifen zweier Register vom Schwellwerk Süd seien nun gezeigt:
Oben auf der Westempore werden gerade die neuen so genannten Pfaffengitter-Türen installiert. Sie sind farblich dem bestehenden Gehäuse nachempfunden, das aus den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts stammt und von S.K.H. Philipp Herzog von Württemberg nach dem 2. Weltkrieg gestiftet worden war.
Die neuen Türen umschließen schützend das Innere mit der Tuba bzw. der Trompete – inklusive deren Technik – und veredeln den Klang der beiden extrovertierten Zungenregister, die wir schon im Patenbrief vom Januar 2021 kennengelernt hatten.
Fotos der Pfaffengitter-Türen können erst im nächsten Patenbrief gezeigt werden, da die Arbeiten derzeit vor Ort noch im Gange sind.
Da die Elektrikerfirma 18 Mitarbeiter in Quarantäne hat und es somit noch keinen elektrischen Strom für die neuen Teilwerke gibt, musste die erste produktive Orgel-Bauphase nach einer Arbeitswoche erst einmal wieder beendet werden. Die Zusage lautet, dass die Elektriker ab Anfang März weiterbauen können. Erst damit zusammen können dann auch die Orgelbauer weiterarbeiten.
Wenn keine unerwarteten Hürden auftauchen, scheint es wahrscheinlich, dass die Orgel im Sommer fertiggestellt wird. Einweihungs-Gottesdienste und Konzerte sicher zu planen, ist aber weiterhin – auch wegen Covid 19 – mit vielen Unsicherheitsfaktoren schwer möglich.
Leider ist inzwischen die Amtszeit von Herrn Codekan Dr. Gottfried Claß, beendet und sein Ruhestand hat begonnen. Wir sind ihm sehr dankbar für seinen wirklich großen Einsatz! Herrn Dr. Claß und seiner Familie wünschen wir einen gesegneten neuen Lebensabschnitt!
Vom Schlosskirchengemeinderat wurde inzwischen Kirchengemeinderat Walter Eyrich berufen, den Fortschritt über die weiteren Arbeiten seitens der Gemeinde zu verantworten. Dankenswerterweise engagiert sich Herr Eyrich sehr, hat sich in die Orgelthematik eingearbeitet und stützt das Projekt intensiv.
Wir danken auch Herrn Dr. Eberhard Rostan für die Bereitstellung auch dieser seiner neuen Fotos!
Sönke Wittnebel
Seit Neuestem gibt es die Möglichkeit, auf unserer Homepage Pfeifenpatenschaften mit neuen Registern einzugehen. Eines trägt den klangvollen Namen Harmonia aetheria. Es ist ein Register mit mehreren Pfeifenreihen, den so genannten “Chören“. Diese hell und zart klingenden besonderen Pfeifen können sogar mit weich und sphärisch klingenden Streichregistern kombiniert werden und ergeben damit völlig neue Klangfarben in der Schlosskirche!