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Weiter trotz Corona!

Stand der Orgelrenovierung
am 10. Januar 2021

Nach den Advents- und Weihnachtsaktivitäten kann ich Ihnen von weiteren Fortschritten berichten – und inzwischen hat sich so Einiges getan! Wir erleben sozusagen die „Wiederauferstehung“ unseres Instrumentes.

Anlässlich einer Andacht des CVJM und dann im Gemeindegottesdienst am 4. Advent konnte ich – für mich sehr berührend – viele der eingebauten Register erstmals im Gottesdienst spielen! Auch zu allen Gottesdiensten beim diesjährigen Christfest haben wir die Orgel in ihrem jetzigen Stadium dann mit viel Freude weiterhin zum Klingen gebracht und sind dabei auf spannende „Entdeckungsreisen “ gegangen. Es gibt schon jetzt wahrlich unendlich viel faszinierendes Neues zu entdecken …

Schwerpunkt der vorausgegangenen Arbeiten der Orgelbauer war das weitere Aufstellen von Registern auf der Westempore, die inzwischen im Hauptwerk, Schwellwerk und im Pedalwerk ihren Platz gefunden haben.

Auch die vor der Renovierung ungenutzten zwei Bereiche unter der Orgel sind inzwischen weiter „aufgefüllt“, und zwar mit neu hinzugekommenen Pfeifen der Tuba fascinosa im südlichen Bereich der Empore sowie mit ebenfalls neu platzierten Pfeifen der Trompeta brillosa im nördlichen Bereich. Beides sind so genannte Zungenregister (s. u.), die durch diese Positionierung in Zukunft zum Stimmen – z. B. vor Gottesdiensten oder Konzerten – gut erreichbar sind!
An der Namensgebung dieser zwei Register erkennt man, dass es sich um extrovertierte Klangfarben handelt.

Ein Blick in etwa westliche Richtung auf Pfeifen der auf dem Boden der Orgelempore aufgestellten Tuba fascinosa. Die aus dem vorigen Brief bereits bekannten Holzbecher des Registers stehen im Hintergrund. Davor die neu hinzugefügten höher klingenden Pfeifen, deren Schallbecher aus Metall gebaut sind und sich - ähnlich wie die Holzpfeifen dieses Registers - nach oben konisch erweitern. Dieses Register wurde eigens in Holland für die Orgel der Schlosskirche gebaut! Thomas Gaida hat der Firma für den Bau eigene Mensuren (Maße) genannt, so dass die Tuba ein bauliches und klangliches Unikat in der Schlosskirche darstellt.
Ein detaillierterer Blick in gleicher westlicher Richtung. Noch ist die Sicht ungehindert möglich. Später werden so genannte Pfaffengitter das Innere sowohl dieses westlichen Auxiliarwerkes schützen, als auch das Innere des nördlichen Werk, das ebenfalls ein Auxiliarwerk ist.
Noch einmal das „Prunkstück“ - die Tuba; dieses Mal aus südwestlicher Richtung.
Dies ist die Seitenansicht von Süden her gen Norden. Gut zu sehen ist von hier der Stimmgang zwischen den tiefen und höheren Pfeifen. Rechts ahnt man hinter der Leiter die südliche Seite des provisorischen Spieltisches.
Der provisorische Spieltisch, der das bisherige Intonations-Manual inzwischen abgelöst hat, weist zwei Manuale (Tastaturen) auf, von denen aus ab der kommenden Arbeitsphase auch das dritte Manual spielbar sein wird. Unten erahnt man die dunklen Pedaltasten. Zwischen den Pfaffengittern erkennt man in Richtung Nordwesten vier der kupfernen Pfeifen der Trompeta brillosa.
Die wie die Tuba jetzt ebenerdig auf der Orgelempore stehende Trompeta befand sich früher als „Trompete“ im Hauptwerk und wurde beim Umbau klanglich veredelt. Sie steht in der nördlichen der beiden neu gewonnenen Kammern.
Auch dieses Register besteht aus verschiedenen Materialien: Hier beim Bassbereich sieht man die bereits erwähnten besonders schönen Schallbecher aus Kupfer. Auch die Trompeta ist wie die Tuba ein kräftiges extrovertiert und obertonreich klingendes Register. (s. o.)
Gut zu erkennen ist auf diesem Foto das „Kröpfen“ der Pfeifen.
Wenn der Raum nicht reicht - hier nach oben hin - ist es möglich, die Schallbecher wie bei einem Waldhorn, einer Trompete oder anderen Blasinstrumenten, ohne klangliche Einschränkungen „umzulenken“. Dieses verblüffende Verfahren ist sowohl bei Metall- als auch bei Holzpfeifen möglich.
Diese Aufnahme einer einzelnen Oboen-Pfeife zeigt links unten den für die so genannten Zungenpfeifen (s. u.) typischen so genannten „Stiefel“. Herausgenommen aus dem Stiefel sieht man rechts daneben die nach oben herausstehende schlanke so genannte „Krücke“ mit der nach links weisenden Biegung am oberen Ende.
Mit der Krücke lässt sich die Pfeife stimmen: Wenn sie an der Biegung nach oben bewegt wird, verlängert sich der schwingende Teil eines hier kaum zu erkennenden Metallplättchens, das man „Zunge“ nennt. Da deren schwingender Teil bei diesem Vorgang länger wird, ist die Frequenz geringer und damit der Ton tiefer.
Die „Zunge“ gibt einer ganzen - sehr wichtigen - Registergruppe ihren Namen: den Zungenpfeifen. Deren Prinzip der Klangerzeugung ähnelt z. B. dem von Mundharmonikas, Akkordeons, Harmonien.
Der hier abgebildete Schallbecher - der obere Teil der Oboen-Pfeife - erweitert sich nach oben konisch und hat als Besonderheit eine so genannte Drehkegel-Deckung. Die äußeren sichtbaren Öffnungen sind kongruent mit einem im Inneren befindlichen Gegenstück. Je nachdem, ob die Öffnungen mehr oder weniger kongruent übereinanderstehen, wird der Klang-Charakter beeinflusst.

Die gute und – sehr wichtig – sichere Erreichbarkeit der Zungenpfeifen zum Stimmen ist nun auch im Schwellwerk gegeben, indem eine Leiter von unten her zum eine Etage höher gelegenen Stimmgang führt.

Somit kann man auch zu dem hier befindlichen Fagott und zur Oboe (beide Zungenregister) – im Gegensatz zu früher – gut und sicher gelangen. Diese beiden Zungenregister sind wesentlich milder und weicher im Klang.

Sowohl im Hauptwerk als auch im Schwellwerk ist nun je wieder ein Tremulant eingebaut.

Tremulanten geben im eingeschalteten Zustand anstelle des normalen geraden Tones eine Art Vibrato-Effekt – ähnlich der menschlichen Stimme von ausgebildeten SängerInnen. Sangliches Spiel erreichen Instrumentalisten durch Vibrato auch bei ihrem Instrumental-Vortrag.

Über solche Platinen-Felder läuft die Steuerung der Informationen vom Spieltisch zu den Elektromagneten: z. B. das Öffnen bzw. Schließen der Ventile.

Bei den Gottesdiensten konnten im Zusammenklang mit Vokal- und Instrumentalstimmen erste Erfahrungen gesammelt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass auch derzeitig vorgeschriebene kleine Besetzungen mit unserer Orgel adäquat und differenziert begleitet werden können.

Bald werden die Arbeiten vor Ort wieder aufgenommen, wenn die Temperaturen in der Schlosskirche es zulassen. Unabhängig davon wird schon jetzt in der Werkstatt vorgeplant und organisiert.

Wir hoffen mit den Orgelbauern, dass die Register der Hauptorgel auf der Westempore weitgehendst aufgestellt werden können. Ganz neu werden dann auch die Kegellade und die ihr zugehörigen Register des Kronwerk-Auxiliares eingebaut. Das wohl spannendste Register wird die Flauto mirabilis sein, über die ich im kommenden Patenbrief berichten werde.

Bezüglich der Werke, die im Osten um den Chorraum herum entstehen sollen, besteht noch weiterer Abstimmungsbedarf mit den Behörden. Außerdem haben wir durch die Pandemie erhebliche Einbußen beim Sammeln von Spenden erlitten. Benefizveranstaltungen und andere Unternehmungen, wie z.B. der „Advent im Schlosshof“, deren Erlös der Orgelrenovierung zugutegekommen wäre, konnten nicht stattfinden. Jetzt müssen wir prüfen, was von der bisherigen Planung realisiert werden kann.

Umso dankbarer sind wir, dass sich über die Orgel-Homepage (schlosskirchen-orgel.de) weiterhin immer wieder Menschen finden, die – zum Teil sehr großzügig – Patenschaften für Register oder Pfeifen eingehen.

Wir danken auch Herrn Dr. Eberhard Rostan für die dokumentierenden Fotos, die er uns auch in diesem Patenbrief wieder zur Verfügung stellt!

Dankbar für Ihre Hilfe und gespannt, wie sich alles weiterentwickeln wird, grüße ich Sie alle sehr herzlich!

Sönke Wittnebel

Neue Patenschaften – Harmonia aetheria

Seit Neuestem gibt es die Möglichkeit, auf unserer Homepage Pfeifenpatenschaften mit einem neuen Register einzugehen, das den klangvollen Namen Harmonia aetheria trägt. Es ist ein Register mit mehreren Pfeifenreihen, den so genannten “Chören“. Diese hell und zart klingenden besonderen Pfeifen können sogar mit weich und sphärisch klingenden Streichregistern kombiniert werden und ergeben damit völlig neue Klangfarben in der Schlosskirche!